Gelesen Ende Oktober 2003. Inhalt: sehr gut. Abbildungsqualität: mäßig Inhalt:
"Kniep. er muß durch Elend klug werden. Voll Kopfs u. Talent hat ers für besser gefunden, jämmerlich, u. ohne einen Heller zu leben, anstatt gut auskommen zu können. steckt über die Ohren in Schulden bey aller Welt, u. will doch nicht arbeiten, ob er gleich sehr gut Landschaften zeichnet und sehr gut sein Brod gewinnen könnte. Er will aber nichts anders machen, als sich selbst Studia zeichnen. sein Leichtsinn ist überall sehr gross. seine Zunge unbändig, besonders wenns über Religionssachen geht. Er hat überhaupt viel in seinem Leben aufgeschnappt u. ein gutes Gedächtnis, aber wenig gelesen u. über wenig nachgedacht. erzählt aber ganz angenehm u. urtheilt frisch fort." (S.5)Ende Oktober 1785 Übersiedlung nach Neapel. Aus einem Brief Tischbeins an Münter:
"Sie kennen das gute flegmatische Temperament von unserem Knip, er ist ein Herz guter Mensch, er kann arbeiten, nur ein bischen Aufmunterung und Sporn ist dabey nöthig."(S.6)Tischbein beschreibt die Lebensverhältnisse Knieps noch 1787 als ziemlich drückend und gibt ihm dafür selbst die Schuld.(S6ff). Ursache sind seine langsame Zeichenweise und eine unzweckmäßige Gründlichkeit.
"Leider verkehrte er nur mit Menschen, die unter ihm standen, die ihm stets ehrerbietig zuhörten und ihn für etwas Großes hielten, während er alle floh, von denen er merkte, daß sie sich nicht viel aus ihm machten." ... "Es fehlte ihm gar nicht an Bestellungen; aber seine Preise waren zu gering, und er arbeitete zu lange an seinen Sachen, weil er alles auf's Genaueste ausführen wollte. Dabei konnte er nicht bestehen."(S.7)Die mit Goethe 1787 unternommene Sizilienreise war für Knieps Bekanntheit entscheidend und für seine künstlerische Entwicklung ein bedeutendes Ereignis.
"Daß es ihm an literarischer Bildung fehlt, bemerkt man bald im Gespräch, doch darin darf man es mit den Deutschen Künstlern überhaupt so genau nicht nehmen."(S.10)Ludwig Richter bescheinigt Kniep eine ganz kümmerliche und anachronistische Existenz:
"Freund Götzloff hatte diesen alten Kniep in Neapel angetroffen und war von ihm gefragt worden, ob er (als Sachse) vielleicht einen gewissen Goethe kenne, und ob dieser noch in Weimar lebe. So isoliert, abgestumpft und abgestorben dem Vaterlande lebte das alte Männchen in der fremde."(S.11)Ende 1824 Erkrankung
"Doch kam es mir vor, als wäre in seinen Arbeiten, so wie in seinem Wesen ... bey sehr guter Naturanlage, mehr Fleiß als höhere künstlerische Begeisterung sichtbar."(S.13)Von größter Bedeutung für die fortdauernde Rezeption Knieps ist Goethes "Italienische Reise", bei der gerne in illustrierten Ausgaben auf Zeichnungen Knieps zurückgegriffen wird.(S.14) Kniep begann als Bildniszeichner (vor 1781 fast ausschließlich), wechselte dann aber über ins Fach des Landschaftsmalers. Dem ausschließlichen Gebrauch der Handzeichnung ist er aber treu geblieben. ... Weder vor 1755 noch nach 1825 ist der berufsmäßige, nicht akademisch ausgebildete Nur-Zeichner, der Kniep sein Leben lang geblieben ist, vorstellbar.(S.21) Porträts stellt Kniep fast immer im Profil dar, meist als Schulterstück.(S.22)
"Was als Formvorbild diente, war letztlich kein originaler Wert, sondern ein vermittelter, typisierter Eindruck, der sich aus verschiedenen Originalen, Kopien und Reproduktionen, individuellem und zeitgebundenem Sehen zusammensetzte." (S.56)Kniep in Goethes Italienischer Reise:
"Die Distanz zu Knieps einfältigerem Wesen bleibt in den zahlreichen Textstellen, die Knieps Person mit dem Text der 'Italienischen Reise' verweben, trotz aller freundlichen und lobenden Worte immer bestehen. Das Verhältnis Goethes zu Kniep ist eindeutig zweckgebunden und nicht mit den durch gegenseitigen Austausch und persönliche Wertschätzung geprägten Beziehungen Goethes zu Tischbein oder Hackert vergleichbar."(S.89)Goethe hat in Sizilien kaum weniger als Kniep gezeichnet. Bei einigen Zeichnungen ist die Zuschreibung an Goethe oder Kniep sogar unklar.
"Die lockere Skizzierweise Tischbeins, seine spielerische Phantasie, seine Neigung, sich sprunghaft dieser und jener Sache zuzuwenden, sind grundverschieden von der geduldigen Genauigkeit Knieps. Hinsichtlich der Zeichentechnik übte Tischbeins freierer Umgang mit den künstlerischen Mitteln daher nur einen punktuellen Einfluß auf Kniep aus"(S.194)Wichtiger sind die Bezüge zu Tischbeins literarisch-allegorischer Bildauffassung und seiner Antikenrezeption.(S.195) Knieps 1811 veröffentlichte Anleitung zum Zeichnen von Ideallandschaften "Elementi di Paesaggio" in Zusammenarbeit mit dem Kupferstecher Ludwig Friedrich Kaiser wurde von Carl Gotthard Graß gelobt und empfohlen.(S.213). Zu finden ist das Werk kaum, die Editionsgeschichte über weite Strecken unklar. Sie richtet sich an Liebhaber, also an Dilettanten. Die Zahl der Zeichnungen im Katalogbestand zw 1800 und 1815 ist im Vergleich zum Zeitraum 1787-1799 sehr gering wegen der stark zurückgegangenen Zahl der Italienreisenden.(S.233) Inhaltlich löst die ländliche Idylle die arkadische Landschaft als Darstellung einer erfüllten, heilen Welt ab.(S.233) Diese Wandlung setzt motivgeschichtlich bereits im 18.Jh ein. Kniep gelang es in seinen letzten Lebensjahren, seine Kreidetechnik noch weiter zu verfeinern. Zwischen 1820 und 1825 entstanden einige der ausgereiftesten Blätter.(S.265). Mit dem Wiedereinsetzen des Reisestroms nach Italien im Anschluß an den Wiener Kongress von 1815 fand Kniep auch einen neuen Kundenkreis, der ein Interesse an Veduten hatte.(S.265)
"Kniep ist vor dem Hintergrund der sich verändernden Marktbedingungen in seiner durch die Kulturgeschichte der Italienreise, speziell der Bildnachfrage der Reisenden, geprägten Umgebung zu sehen. Dabei bleibt er in seiner ganzen Entwicklung über die persönliche und lokale Prägung hinaus in die europäische Dimension des Klassizismus eingebunden"(S.284)
Das Durchblättern von Striehls Band vermittelt doch eine gewisse Achtung vor diesem Oeuvre aus immerhin einigen hundert erhaltenen Werken, aus denen zwar eine gewisse Pedanterie, aber auch ein solider Fleiß und ein Bemühen zum Immer-besser-werden spricht. Besonders die Stücke aus dem Konvolut "Disegni Originali" (1818) wirken gar nicht übel. Zu den Abbildungen: Die Abbildungen im Band können natürlich nur einen Schatten der tatsächlichen Qualität oder Nicht-Quaität der Originale vermitteln. Das deutlichste Beispiel ist allerdings nicht von Kniep, sondern eine Neapelansicht von Giovanni Battista Lusieri von 1791. Im Kniep-Band ist das nur eine kleine Schwarz-Weiß-Abbildung (Abb. 264 auf Seite 217), im Band "Goethe und die Kunst" (dem von Sabine Schulz hrsg. Katalog der Schirn-Ausstellung 1994) eine doppelseitige duftige Farbwiedergabe, die zum Spazierengehen einlädt (Abb. 286 auf den Seiten 418/419).
Eventuell noch interessante weiterführende Literatur: - Katalog "Künstlerleben in Rom", Nürnberg 1991 Graß, Carl Gotthard: